Das Schaudepot

Menü

,Stadtraum-Theater in der alten Fliesenlegerwerkstatt.‘ von Elisabeth Maier, Theater der Zeit, 4/2023.

Seit 2021 betreiben Herbordt und Mohren, die beiden Grenzgänger der Darstellenden Künste, ihr Schaudepot in der ehemaligen Werkstatt eines Fliesenlegers im Altenbergweg. Da unten im Stuttgarter Kessel gibt es viele Mietwohnungen. „Unser Grundgedanke ist es, Theater ins Wohnviertel zu tragen“, bringt Herbordt das Konzept auf den Punkt. In der Mittagspause oder nach Arbeitsschluss schauen Menschen vorbei und lassen sich Videos der Produktionen zeigen, die das Kollektiv Herbordt/Mohren seit 2012 realisiert. Für ihre gesellschaftspolitischen performativen Projekte wurden die beiden in der Kategorie Genre-Springer 2022 mit dem Deutschen Theaterpreis Der Faust ausgezeichnet. Diese „große Ermutigung“ hat sie bestärkt.

Beim Blick aus dem Fenster bleibt Bernhard Herbordt an den Balkonen der Geschosswohnungen auf der gegenüberliegenden Seite hängen. Da steht ein Mann, der eine Zigarette raucht. Das könnte ein potenzieller Zuschauer sein. „Wir wagen hier das Experiment eines Theaters, in dem sich jeder zu seiner eigenen Zeit seine eigene Vorstellung zusammenstellen darf“, sagt Melanie Mohren. „Man kann sich Aufzeichnungen der Performances ausleihen, wie in einer Bibliothek.“ Ob sich so ein Stammpublikum für das Theater im Kleinformat generieren lässt, das betrachtet das Kollektiv Herbordt/Mohren als Experiment. Mehr Besucher wünschen sich die zwei immer. Ihr Konzept setzt sich in kleinen Schritten durch. Vor dem Schaudepot kommen die kommunikativen Allroundkünstler mit den Nachbarn ins Gespräch. Oder sie laden mit Zetteln in den Briefkästen zu Aktionstagen ein. Der Austausch wirkt unkompliziert.

In einer Zeit, da städtische Bühnen wie auch die freien Häuser angesichts angespannter kommunaler Haushalte mehr denn je beweisen müssen, dass sie gesellschaftlich relevant sind, tragen die Performer mit ihren Konzepten Kunst ins Wohnquartier. Neue Kulturräume wie das Schaudepot sind da unverzichtbar. Viele der Nachbarn aus dem Stuttgarter Süden waren noch nie im Theater. Doch sie schauen neugierig vorbei, wenn das Depot seine Pforten für Aktionen und Performances öffnet. Diesen Begriff kennt man eigentlich aus der Bildenden Kunst. Doch in den Räumen werden keine Gemälde gelagert, sondern Performances aus der Konserve.

Auszug aus dem Artikel von Elisabeth Maier für das Theater der Zeit vom 4/23.

Link zum vollständigen Artikel.